Der Tag verspricht schön zu werden.
Sobald Vater
das Haus verläßt, sagt er wie jedesmal: Ich
fahre in die Stadt! Die Stadt, in die zu fahren er sich anschickt, gibt es
nicht mehr. Obwohl er, sobald er die U-Bahn nahm, immer noch sagte: Ich fahre in die Stadt! Aus der einen Stadt, die er einmal gemeint hatte,
waren zwei Städte geworden, zwei mit Goldraute durchwirkte Stadtbilder, im
Zentrum (in beiden Zentren) mit ausgedehnten Schachtelhalmwiesen und wuchernden
Beständen an Vogelmiere durchsetzt. Auf weitläufigen Schuttfeldern gediehen
Springkraut und prächtiger Löwenzahn, dazwischen hellgrün leuchtend einige
Jungbirken, vorwiegend als Zierde putzloser Mauerklippen. An ausgewählten
Standorten kamen bald weitaus seltenere Pflanzen hinzu. Knabenkraut und Pfeifengras
zum Beispiel, auch der Teufelsabbiß, ja, sogar die sibirische Schwertlilie. Vom
Verkehrsstrom unbehelligt, unerreicht durch Passsanten. Wird es je eine
umfassende pflanzengeographische Untersuchung innerstädtischer Ruinenflächen
geben, unter besonderer Berücksichtigung der Verbreitung von Taubnessel und
Melde?
War Vater
erst einmal in die Stadt - die beiden Innenstädte - gelangt, in das
Schachtelhalmdickicht, wer wollte ihn dort weiterverfolgen, wer ihn observieren
oder gar zur Umkehr bewegen, sobald er gebraucht würde? Wer ihn im Auge behalten inmitten der
Menschenströme, die den Potsdamer Platz überquerten, die hinüber herüber
fluteten, ohne auf Schilder Striche die hell blinkenden Nägel im Asphalt zu
achten? Es gab Zeiten, da stieg man dort
unbekümmert aus einer der zahlreichen haltenden Straßenbahnen in eine
andere um, Triebwagen wie Hänger mit unveränderter Liniennummer. Sie verlassen
jetzt den amerikanischen sowjetischen britischen Sektor. Ende des
demokratischen Sektors von Groß-Berlin. Nichtzutreffendes streichen..